Wir wohnen in Torralba de Ribota. Unser Dorf liegt in Aragón und Aragón liegt im „leeren Spanien“.
Die Hauptstadt der Autonomen Gemeinschaft Aragón (Bundesland) ist Saragossa, eine Stadt mit rund 700.000 Einwohnern, eine knappe Autostunde von uns entfernt. Die eine Hälfte der Aragónes:innen lebt dichtgedrängt in Saragossa, etwa die andere Hälfte – genauer 600.000 – lebt auf einem Gebiet das größer ist als die Niederlande (wo 17 Millionen Menschen leben).
Eine gewaltige Menschenleere.
Der Moncayo ist über 2.300 Meter hoch. Schon von weitem taucht er majestätisch am Horizont auf, er scheint über die Landschaft und die Menschen zu wachen. Auf seinem Gipfel laufen drei ehemalige Königreiche der Iberischen Halbinsel zusammen: Navarra, Kastilien und Aragón.

Von hier Oben überblicken wir einen Teil der Meseta, bei gutem Wetter sieht man die ersten Ausläufer der Pyrenäen und das breite Ebrotal.

Das ist aber nur ein Teil des „leeren Spanien“, das insgesamt den fünf Autonomen Gemeinschaften Kastilien-La Mancha, Kastilien und Léon, der Extremadura, Aragón und La Rioja entspricht. Das sind 268.083 Quadratkilometer. Ohne ein Stückchen Küste, stattdessen meistens beträchtlich über dem Meeresspiegel gelegen.
Das ist die Hälfte der Fläche Spaniens.
Zählt man nur die Menschen, die im „leeren Spanien“ in Dörfern leben, also nicht in Saragossa, Valladolid und in den wenigen Kleinstädten, dann leben rund 4.600.000 Menschen auf der Hälfte des spanischen Territoriums. Hier hat es mitunter eine Bevölkerungsdichte wie am Nordpol.

Wenn wir mit dem alten Saab durch die Gegend cruisen, kaum schneller als mit 70, dann überholt uns manchmal stundenlang kein Auto, trotz unseres Touristentempos.
Ein paar kleine Dörfer an ungewöhnlichen Stellen…

… und ansonsten eine wunderschöne, weite und menschenleere Landschaft, die sich schlagartig hinter jedem Hügel ändern kann.

Mal die Mancha mit ihrem Ozean aus Trockengras, mal Steineichen oder karges Kalkgestein … und immer hat man den Eindruck als würde der Himmel kein Ende nehmen.



Der Begriff „leeres Spanien“ stammt übrigens von Sergio del Molino, der 2016 ein gleichnamiges Buch geschrieben hat, das 2022 auch auf deutsch erschienen ist. Der Begriff ist hier in Spanien in aller Munde.