Demachiyanagi heißt mein Stadtviertel in Kyoto. Hier betreibt Daisuke sein kleines Gästehaus, eigentlich mehr eine WG, in der ich ein Zimmer habe, gemeinsame Küche und DU/WC.
Demachiyanagi liegt am Fluss Kamo, der durch Kyoto fließt. Geht man den Fluss entlang, kommt man irgendwann in das Zentrum und dort wird es sehr voll, in Demachiyanagi aber ist es ruhig.


Eigentlich bin ich immer in Demachiyanagi. Nur Mittags laufe ich den Kamo entlang in ein kleines Restaurant am Fluss und esse dort meistens Ramen.

Oder ich bin in Kurama. Ab Demachiyanagi fährt ein kleiner Zug durch Kyoto und den Hügel hoch in den Stadtteil Kurama.

Mitten im Wald ist dort eine heiße Quelle, die ich durch Zufall entdeckt habe, mit einem kleinen Restaurant und einer Sauna. Zwei Tage war ich dort und hab mich mit Japanern (Frau und Mann sind getrennt) in der Quelle treiben lassen. Die meisten leisen Gespräche landen auch hier irgendwann bei Trump, während es regnet, der Bach plätschert, die Quelle und der Wald qualmen, die Bäume rauschen. Ein Südkoreaner erzählt mir, dass er und seine Frau gerade San Francisco verlassen hätten, wegen Trump. Beide forschen in der Nanotechnologie.

Und auf dem Rückweg durch das kleine Dorf Kurama zum Bahnhof, besuche ich den stillen Tempel im Wald.



Überhaupt sind das stille Tage in Kyoto für mich, vor allem nachts. Der Winter zuckt noch etwas, nachts ist es kalt und die Straßen sind autoleer in Demachiyanagi. Die Leute gehen dann zu Fuß oder fahren mit dem Rad durch ihr Viertel.



Wie es der Zufall so will oder das Schicksal, liegen viele Jazzbars und Jazzclubs in diesem Stadtteil. Alles kleine Läden mit 20 Plätzen oder so. Das „Yamatoya“, das „Lush Life“, das „Murra“ oder das „Zac Baran“, alle um die Ecke.
Und so habe ich einigen japanischen Jazz kennengelernt, immer in kleiner Runde.







Mein Gastgeber Daisuke betreibt mit Freunden das „Kazenone“, von dem ich schon erzählt habe. Eine Art Genossenschaft, Bar und Share-Küche. Dort lande ich meistens nach den Konzerten.

Daisuke kocht, wir hören Musik und reden. Ich werde dann so Dinge gefragt, was es denn mit diesem „Faust“ auf sich hätte und überhaupt und so. Die großen Themen halt. Eigentlich spricht keiner von uns einigermaßen Englisch, geht aber auch. Etwas hanebüchen, aber schön.





Von Daisuke habe ich so ein kleines Fahrrad, damit cruise ich dann durch die Nacht ins Bett. Ein japanisches Lied begleitet mich dabei: „Shigatsu ame“ von Zmi. So wie das Lied sind meine Tage in Kyoto, waren die Tage.
Morgenfrüh sage ich Tschüss in meinem Frühstückscafé am Bahnhof von Demachiyanagi.


Ich habe nicht viel von Kyoto gesehen, werde diesen Ort aber sehr, sehr vermissen.
