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Fomo und Jomo

Das kleine Städtchen Luang Prabang ist voller Touristen. Vor allem Chinesen, aber auch Franzosen und Deutsche, sehr viele junge Menschen, die in der Regel zwei bis drei Tage bleiben.

Man kann das ja auch „googeln“. Frage: „Wie viele Tage sind genug für Luang Prabang?“

Antwort: „Man kann alles in zwei Tage packen, aber wenn Sie sich Zeit lassen, stressfrei bleiben und alles sehen möchten, was Luang Prabang zu bieten hat, würden wir einen Aufenthalt von drei Tagen empfehlen.“ Das oder ähnliches sagt das Netz und der Hauptstrom der Touristen scheint dem zu folgen.

Wir sind hier irgendwie hängengeblieben. Wenn wir Morgen an Bord des Bootes gehen, das uns auf dem Mekong in den Süden Richtung Vientiane bringt, waren wir zwei Wochen hier und der Abschied wird uns schwerfallen.

Lange haben wir mit dem Ort gefremdelt, haben zwei Tage mit Fieber & Co im Bett verbracht. Ein Hauch von „The fear off missing out“, kurz: Fomo. Wir waren eigentlich die gesamten ersten Tage auf dem Sprung.

Dann sind wir vor dem Trubel hier abgetaucht.

Man achte auf Bi

Die Zeit fing an, sich zu dehnen.

Während Bi zwei Tage am Webstuhl war, habe ich nebenan auf meiner Bank gesessen, mit Blick auf den so beruhigenden Mekong. Habe gelesen, über die Entwicklung zu Hause. Konzentriert, wie lange nicht. Wissbegierig.

Unsere neunmonatige Reise wollte ich auch dazu nutzen, mir Standpunkte zu durchdenken. Es ist schlicht dran und notwendig. Ich war leergelaufen. Unmengen an Informationen und neue Entwicklungen, aber kein Standpunkt. Privat, aber auch für den Job. Endlich Zeit und Ruhe, hier in Luang Prabang.

Die Straßen wurden uns von Tag zu Tag vertrauter, deren vielen Schlaglöcher wir nahezu blind umfahren und deren Eigenheiten…

… und immer der große ehrwürdige Mekong…

… das Licht, die Morgenluft, der Duft der blühenden Pflanzen, das köstliche Baguette zum Frühstück…

… das Restaurant an der Ecke…

Ein reiner Ausbildungsbetrieb für benachteiligte Jugendliche

… das Café, in dem wir täglich die „Seite Drei“ lesen…

… die Stille…

Man hört die Blätter fallen

Und wenn man die Zeit hat, sich Zeit zu lassen, dann erscheinen hinter dem ganzen Selfie-Rummel und den sogenannten Sehenswürdigkeiten Menschen, Begegnungen und Augenblicke.

„The joy of missing out“, Freude daran, bestimmte Orte auszulassen, auf Ziele zu verzichten. Und schon ist sie da, die Gelassenheit. Die Grundstimmung in Luang Prabang.

Heute, am letzten Tag, saßen Bi und ich am Fluss. Keine schöne Stelle, überhaupt nicht. Eigentlich mehr ne Baustelle.

Ein kleines Boot fuhr vorbei. Ein Mann sitzt am anderen Ufer.

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