Diesen Artikel haben wir zusammen geschrieben, Bi auf der linken Seite, Tho auf der rechten.
Wenn wir etwas tun wollten, dann das: einmal auf einem Boot den Mekong runter fahren. Das Problem: es gibt ab Luang Prabang in Richtung Ventiane kaum Schiffe, erst recht keine, die Reisende mitnehmen.
Ausgenommen drei, vier Luxus-Kreuzfahrtschiffe. Drei Gründe sprachen gegen diese: wir sind noch nicht alt genug dafür (Wir haben die Damen und Herren auf einem solchen Schiff gesehen und wussten, dass wir noch mindestens zehn Jahre reifen müssen). Zweitens: es wirkte auf uns zu glatt und perfekt. Drittes: der Preis.
Es schien also unmöglich…
Und dann ist Tho zu voller Größe aufgelaufen. Während ich entspannt im Café sitze, spricht er verschiedene Schiffer an und findet schließlich jemanden, der jemanden kennt, der jemanden kennt, der bereit wäre uns mit dem Schiff den Fluss abwärts zu fahren.
Die Männer werden handelseinig und eine Woche später besteigen wir ein Schiff, das normalerweise Touristengruppen für Sunset Touren fährt. Ein Slow-Boot ganz für uns allein.


Gott selbst hat den Mekong erschaffen. Mit einem gewaltigen Hieb schlug Buddha eine Kerbe in den Himalaya, durch die der Mekong seither fast 5000 Kilometer weit vom tibetischen Hochland bis in sein Delta in Vietnam strömt, durch China, Myanmar, Thailand, Laos und Kambodscha.
Der Mekong ist für die Laot:innen die Verbindung zwischen dem Göttlichen und dem Irdischen. Sein Wasser ist heilig und eine Überlebensader für Millionen Menschen.
Bevor es losgehen kann, muss in einigen Teilaktionen das Geld abgehoben werden. Zur besseren Vorstellung: 1€ sind 22.200 Kip. Man bekommt bei den meisten Geldautomaten höchstens 2 Millionen Kip auf einmal. In einer Papiertüte haben wir also Stapel an Geldscheinen übergeben.
Wir starten um 9:00 Uhr in Luang Prabang. Hier ist der Mekong ein gewaltiger Strom, obwohl ihn noch 1500 Kilometer von seinem Mündungsdelta trennen. Wir bekommen von den beiden entzückenden Söhnen des Kapitäns zum Frühstück Kaffee und Croissants serviert. Sitzen und schauen und sinken in die verschiedenen Grüntöne des Wassers, der Wälder. Schon bald sind wir das einzige Schiff weit und breit. Nur Einbaumboote und wir.




Ja, auch die 1300 Fischarten des Mekong sind bedroht. Darunter der größte aller Süßwasserfische, der Mekong-Riesenwels. Der bis zu drei Meter lange und von den Laot:innen sehr verehrte Fisch steht auf der Roten Liste. Er wurde zuletzt vor 5 Jahren von einem Fischer gesehen.
Wir schauen ehrfürchtig auf die Wasseroberfläche. Noch ist der Mekong einer der artenreichsten Flüsse der Welt.



Unser Kapitän hat ein Patent bis Pak Lay, unserer Endstation. Weiter darf er nicht fahren, ein anderer Kapitän müßte ansonsten an Bord.
Seit etwa fünf Jahren müssen die Schiffe auf dem Weg nach Pak Lay durch zwei Schleusen, um den neuen Staudamm zu überwinden. Für unseren Kaptäin und seine Jungs ein aufregendes Manöver.
Elf dieser Dämme sollen auf laotischem Staatsgebiet zukünftig den Mekong abbremsen. Zwei davon sind bereits gebaut, dazu Dutzende weitere in Nebenflüssen.
Das von einer kommunistischen Partei autoritär regierte und finanzschwache Laos wird zur Batterie Asiens und verkauft Elektrizität an die Nachbarn China, Thailand und Vietnam, während in ganz Luang Prabang nahezu täglich der Strom ausfällt. Dann geht mal eben einfach nix mehr.

Staudämme bedrohen die Fischwelt. Sie halten aber nicht nur das Wasser auf, sondern auch Steine, Schlamm und Sand, die der Mekong ans Delta transportiert.
Und solange der Mekong das Erdreich an die Küste schwemmt, gelingt es den Mangroven, dort ihre Wurzeln zu schlagen und neues Land zu halten.
Das Mekong-Delta hatte die Größe Dänemarks, von dichtem Mangrovenwald überwachsen.
Durch die vielen Staudämme im Mekong ist die Prognose nun dramatisch:
Das ganze Mekongdelta, Heimat von 20 Millionen Menschen, könnte bis 2100 versunken sein und zusätzlich schwemmt die Küstenströmung dann die Küste ab.
Die bewaldeten Hügel zu beiden Seiten des Flusses lösen sich in der Ferne in Sonnenlicht auf. Entlang der Flussufer Urwald und dazwischen Bananen- und Teakholzplantagen. Dünn und langgestreckt die Bäume, zur Zeit noch ohne Laub. Aus diesem harten Holz werden in Laos so gut wie alle Möbel gefertigt.
Der laotische Staat setzt auf den Export von Holz. Allein im Jahr 2023 verlor Laos mehr als 136.500 Hektar Urwald, eine der höchsten Entwaldungsraten weltweit.

An den Ufern sehen wir gelegentlich kleine Dörfer. Der Ufersaum mit Gemüse bepflanzt, hier und da einige Wasserbüffel. An Bambusstöcken sind die langen schmalen Boote der Laot:innen fest gemacht. Unklar bleibt für uns, ob es überhaupt Straßenzufahrtswege zu diesen Dörfern gibt, oder ob der Fluss die Verbindungsader zur Welt ist?

Bis zum Damm fließt der Mekong kaum, es staut sich nicht nur das Wasser, sondern auch das Plastik.
Nach dem Staudamm verschwindet es und man kann im schräg einfallenden Licht der Sonne nun die Strudel und Wirbel im Wasser sehen. Sandbänke, Stromschnellen, richtig tückische Strömungen. Unser Kaptain ist voll konzentriert, seine Jungs dürfen nicht mehr ans Ruder. Der Fluss ist schmaler geworden, rechts und links ragen Felsen aus dem Wasser. Wir reiten auf den Strömungen und nehmen Geschwindigkeit auf.
Auch die Landschaft hat sich verändert, weniger forstwirtschaftlich genutzt. Tiefe Wälder soweit das Auge reicht. Kein Mensch und keine Technik. Wir schweigen und schauen.
Mit dem Sonnenuntergang legen wir neben einem stehenden Schiff bei einem Dorf an. Tho und ich klettern die Böschung hoch und spazieren entlang von Steinhütten, Holzhäusern, gelegentlich noch mit Bambus geflochtenen Hauswänden. Überall spielen Kinder, sitzen Alte und Junge, scheinen entspannt. Im einzigen Dorfladen erstehen wir noch Chips für den Abend.

Zurück am Schiff erwarten uns die Kinder des Dorfes und es gibt Abendessen, Mekong- Fisch, vom Kapitän zubereitet, etwas Gemüse und den unvermeidlichen sticky rice.
Bevor wir uns auftun, gibt der Kapitän etwas Reis auf die Reeling für das Schiff, weitere Reiskörner werden mit segnenden Worten dem Mekong geschenkt.
An Bord schmeckt alles einzigartig. Lecker! Pur!
Später wird für uns das Bett hergerichtet, die Vorhänge zugezogen, die Söhne verschwinden im Verschlag hinten auf dem Schiff, und der Kapitän baut sich vorne ein Bett.
Leise, schaukelnd schläft es sich gut.

Spätestens mit der Morgendämmerung beginnen die Hähne zu krähen. Wir brechen früh auf.
Später gibt es ein puristisches Frühstück. Eine eigenwillige Zusammenstellung, mit Sorgfalt von den Söhnen des Kapitäns angerichtet.

An diesem Vormittag halten wir bei zwei Dörfern, die sehr unterschiedlich sind.
In Muong Liep scheinen alle gerade aufgewacht zu sein, sitzen vor den Türen, plaudern miteinander. Mädchenzöpfe werden geflochten, Messer geschärft, Knoblauch geschält. Eine gelassene Atmosphäre.

Tatsächlich liegt beim nächsten Dorf Ban Phaliep eines der schicken Kreuzfahrtschiff am Ufer. Wir parken daneben ein.

In Ban Phaliep entsteht durch die leeren Wege der Eindruck, als seien wir in einer Westernstadt gelandet. Die einstöckige Holzhaus-Architektur trägt das ihre dazu bei. Es wird langsam heiß. Wir finden einen Shop, bei dem es nicht nur alles Notwendige gibt, sondern auch einen Kaffee.



Tho erkennt den Koch des Kreuzfahrtschiffes, den hatte er doch letztens in einer Sendung über den Mekong gesehen. Und genau der holt einen dicken Fisch für das Abendessen im Shop ab. „For tomorrow, for Dinner“, sagt der junge Mann und flaniert die staubige Dorfstraße zurück.

Wir finden drei Ecken weiter noch die Mittagsküche von Ban Phaliep, klassische Suppe mit Nudeln und frischen Kräutern.
Unser Kapitän läuft vorbei, er hatte schon Sorge, wir könnten verloren gegangen sein.

Gegen 13:00 kommen wir in Pak Lay an. Abschied vom Boot, vom Kapitän und den Jungs.
Während wir noch die steile Straße hochlaufen, sind sie schon auf dem Rückweg.
Was für ein Geschenk, diese Reise!

Schaue grad in Eurer Tagebuch und kann sehr gut relaten, entdecke die Fotos von meiner Mekong Tour 2013 mit dem Slowboat und fand die 3 Tage auf dem Slow Boat und den Aufenthalt in Laos weitaus spanneder als die Erfahrungen in Thailand. Ich erinnere die „Westernstadt“ in der wir abends ankamen, zur einer Herberge pilgerten und am nächsten morgen weiter fuhren.
Wie anders das Licht – die Düfte, die Sprache- die Menschen- und wie spanned Eure Berichte zu lesen.