Autor: Sabine

Fegen, fegen…

Die fast 1,5 Milliarden Einwohner Indiens produzieren mittlerweile etwa ein Fünftel des weltweit anfallenden Plastikmülls, pro Jahr sind es 9,3 Millionen Tonnen. Die unfassbaren Mengen aller Arten von Müll sind überall, auf den Straßen und den Fußwegen, in Gräben, vor Häusern und in Flüssen, einfach überall! Vor allen Dingen der bunt und unvergänglich leuchtende Plastikmüll prägt zusammen mit den einhergehenden unangenehmen Gerüchen das Bild Indiens stark. Ein Vergleich der Plastikmüll-Produktion zu uns fällt zu unseren Ungunsten aus, denn wir knapp 80 Millionen Deutsche kamen 2023 auf 6,3 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle. Es gelingt uns offensichtlich nur besser, diese von den Straßen verschwinden zu lassen. Und gleichzeitig gilt: was nicht so leicht recycelt werden kann, verkaufen wir dann ins Ausland, oft nach Asien. Da kümmern sich dann die Ärmsten und unter ihnen auch Kinder unter in der Regel unwürdigen Umständen um die weitere Mülltrennung. Das ist in Indien nicht anders, hier sind in der Regel die „Dalits“, die Kaste der Unberührbaren zuständig für die Müllentsorgung – auch wenn es offiziell keine Kasten mehr gibt. Vor allem in …

„Sanja dee…?“

Dass etwa 40 Leute abends vor dem „Bansi Vihar“ auf eigens aufgestellten Plastikstühlen sitzen und warten, ist normal – und im Restaurant sind natürlich die 150 Sitzplätze komplett besetzt. Die beiden wichtigsten Figuren sind der Türöffner und der Tische-Vergeber, der gleichzeitig auch der Abhol-Namen-Rufer ist, offensichtlich kann man hier auch Essen bestellen. „Sanya dee?“ oder „Ramon dee?“ oder so ähnlich klingt das, was er ruft. Im Idealfall springt jemand auf und kommt dann mit Taschen voller eingepackter Speisen aus dem Laden wieder raus. Sehr gute Kritiken hat das Restaurant von über 8000 Besuchern bekommen. Deswegen hat Tho es für uns ausgewählt. Außerdem liegt es nah an unserem Hotel. Ehrlicherweise sitzen wir zum dritten Mal vor dieser Tür und genießen das Warten bei angenehmen abendlichen 24 Grad bis wir eingelassen werden… na ja, ich schreibe währenddessen an diesem Artikel, weil ich ja gar nicht so gut warten kann. Berühmt ist das Bansi für seine „Dosas“, das sind hauchdünne knusprige Teigfladen, gefüllt mit unterschiedlichen Zutaten, zum Beispiel Kartoffeln, Linsen oder Käse. Dazu gibt es zwei kleine Schüsselchen …

Planänderung für den Sonnengott

Wir sind eingeladen zu einer Puja. Von Amal, der unser Hotel betreut. Er sagt, es sei ein speziell in diesem Teil von Indien gefeiertes Fest zu Ehren des Sonnengottes und der Natur, wir sollten unsere Abreise um einen Tag verschieben um das mit zu erleben. Zur genaueren Erläuterung schickt er den Link zu Wikipedia. Dort finden wir, dass die „Chhath Puja“ über 4 Tage dauert, dass verschiedene Rituale von der Reinigung über Fasten bis zur Opferung von Früchten und einem gemeinsamen Mahl dazu gehören. Heute, am 7.11. ist der 3. Tag, an dem der Untergang der Sonne rituell gefeiert wird. Also beschließen wir zu bleiben. Um 15:00 Uhr ist Treffen im Hof vor dem Hotel. Der Bruder, Amals 3jährige Tochter, seine Schwägerin, ein Cousin, ein Vater und ich weiß nicht wer noch alles aus der Familie kommen vorbei, die Verteilung auf die verschiedenen Autos geht lautstark und langwierig voran und irgendwann fahren wir tatsächlich los in Richtung Fluss. Der Niranja führt nur wenig Wasser und an beiden Flussufern sieht man Menschen und noch mehr Menschen …

planlos

Wohin soll es denn gehen? Malthema? Unklar! Ins Unbekannte, nur mal probieren. Möglichst wenig wollen. Mit der Musik loslaufen lassen, die Linien. Augen zu. Hand-Arm-Bewegung übersetzt Rhythmen und Töne. Sich darin vergessen. Das Bild vergessen. Wenn es still wird: Hinschauen und weiter malen, was es werden will….

„Welcome to the land of enlightenment“

Das steht auf vielen großen, kitschig grellen Plakaten auf dem Weg nach Bodhgaya. Überraschenderweise wird damit Werbung gemacht für ein internationales Frauen-Hockey-Turnier. Wir landen in Bodhgaya mehr durch Zufall, weil das Dorf direkt neben Gaya liegt. Und das wiederum war der Ort, zu dem es noch Zugtickets gab. Dann stellt sich raus: es ist einer der wichtigsten Pilgerorte für die Buddhisten auf der ganzen Welt. Oh! Also hochgradig bedeutungsvoll! Also deswegen „enlightening“? Wie bitte darüber schreiben? Klappt nicht auf einmal, deswegen eine Annäherung in drei Wellen: 1. Schnuppern Am ersten Nachmittag werden wir von einem Elektro-Tuktuk-Fahrer von Tempel zu Tempel gebracht. Auch wenn die Gebäudeformen unterschiedlich aussehen, der Ablauf ist immer derselbe: vor dem Eingang Schuhe ausziehen, dann führt ein gepflasterter Weg zum eigentlichen Tempelbau. In der Mitte des Raums sitzt eine Buddha-Statue in Gold und bunten Farben, mit Ornamenten verziert und Opfergaben drumzu. Wir stehen still und staunen und wissen noch nicht so recht… Wo sind Anknüpfungspunkte? Wie lässt sich überhaupt eine Annäherung bewerkstelligen? Der Reiseführer gibt äußere Daten her… aber was ist dieses …

Um die Ecke: der Markt

4,5 Millionen Menschen wollen täglich mit Nahrung versorgt werden in Kolkata. Diese Größenordnung finde ich schwer vorstellbar. Wie soll das gehen? Es ist ja keinesfalls so, dass es in der Stadt oder an den Ausfallstraßen große oder überhaupt Supermärkte gäbe wie bei uns, sondern hier wird fast alles Lebensnotwendige auf den Märkten eingekauft, die es in jedem Viertel gibt. Nur noch mal als Vorstellungshilfe zur Größe Kolkatas: es gibt 144 durchnummerierte Wards (Stadtteile) mit 18.000 – 100.000 Bewohner:innen. (Den Wiener:innen unter uns dürfte das vertraut sein, an der Nummer des Stadtteils weiß man sofort, woher jemand kommt.) Natürlich mögen wir den Markt bei uns um die Ecke im Ward 51 besonders gern. Ab circa 6:00 Uhr, wenn es hell hier wird, werden die Plätze aufgebaut. Stände gibt es nie, die Ware wird auf dem Boden ausgebreitet, oft liebevoll sortiert und gestapelt. Ein Fest fürs Auge, so viele leuchtende Farben, so viel frisches Grün! Und natürlich ganz schön viele Fragezeichen? Was sind das für Gemüsesorten, die da neben den Auberginen, Gurken und Blumenkohlen liegen? Da muss …

Zimtapfel und Varianten

Es gibt diesen kleinen Tisch in unserer zweiten Wohnung in Kolkata, an dem ich meine Malutensilien ausgebreitet habe. Und es gibt jeden Tag Zeit zum skizzieren, malen und ausprobieren. Und dann war da dieser leckere Zimtapfel, eine Frucht, die ich noch nicht kannte. Sie ist etwa faustgroß. Die Außenhaut fühlt sich leicht rau an und die ein bisschen wie ein Pinienzapfen aussehende Frucht muss leicht nachgeben auf Druck, dann ist sie reif. Ordentlich gemalt sieht es dann so aus: … und dann ist da noch die Lust, auf Varianten, beidhändig gezeichnet.

Diwali

Seit Tagen wird das Lichterfest vorbereitet. Überall! Die Bambusgerüste für die „Pandals“ bekommen Verkleidungen aus Stoff oder dünnen Brettern. Verzierungen, Blumen und vor allen Dingen die Beleuchtung kommen dazu. Und tatsächlich hat jede Straße, jedes Viertel seine eigenen Pandals gebaut: Zu Diwali kommen die Familien zusammen und schmücken ihre Häuser mit vielen Lichtern, die vor die Tür oder ins Fenster gestellt werden. Dabei gibt es heute alle Varianten: von der traditionellen Tonschale als Öllämpchen bis hin zur schnell getakteten grellbunten Lichterkette ist alles zu finden. Gefeiert wird der Sieg des Guten über das Böse in der Welt – auch der Sieg des Lichts über die Dunkelheit… Ein Fest in ganz Indien, aber je nach Region werden dabei unterschiedliche Göttinnen und Götter aus dem reichen hinduistischen Himmel geehrt. In Kolkata ist es die schwarze Kali. Sie gilt als die Göttin des Todes, der Zerstörung und der Erneuerung. Der Mythos erzählt, dass sie als Verkörperung des Zorns aus der Stirn der Göttin Durga entsprungen sei und dann das Weltall mit ihrem schrecklichen Brüllen erfüllt hat. In jedem …

green salad…

Über das Zweitwichtigste haben wir bis jetzt noch nicht geschrieben, aber jetzt! Natürlich gab es „Spannungen“ zwischen uns, wer darüber schreiben darf… die Lösung war dann nach ein paar mißtönigen Bemerkungen einfach: wir schreiben beide. Wichtige Frage: Wo gibt es gutes Essen? Wo sind die Restaurants? Anfangs waren sie gar nicht so leicht zu entdecken, unscheinbare Türen oder Treppen in den ersten Stock… dafür aber ganz unmittelbar sichtbar: die unzähligen Garküchen am Straßenrand. Und dann bestellen: Die wunderschöne Alphasyllabar-Schrift können wir nicht lesen und in den Garküchen gibt es meist überhaupt keine Karte. Das indische Englisch klingt für uns oft wie eine unverständliche Fremdsprache und anfangs wussten wir auch die Namen der Gerichte nicht. Also bleibt die Verständigung durch einen Fingerzeig auf den Teller des Gastes am Nebentisch – verbunden mit einem Nicken: das möchte ich auch – eine gute Variante. Auf diese Weise kamen wir zu unserem ersten indischen Frühstück: Parathas = gebackene Brotfladen mit ein bisschen Kartoffelcurry. Herrlich! In jedem noch so kleinen Restaurant gibt es in einer Ecke ein Waschbecken, bevor man …