In Jaipur übernachten wir mehrere Tage im Chillout oder genauer: „Chillout – Hotel & Rooftop – Vegetarian Restaurant“
Das Hotel hat 16 Zimmer, einen Rooftop, 8 Mitarbeiter, keine Mitarbeiterin und einen Manager, der heißt Achid.
Hochsaison ist von November bis März, die durchschnittliche Aufenthaltsdauer liegt bei 2 Tagen, die Wäschereinigung ist outgesourct. Interessieren würde mich jetzt noch die PKQ, der SPS…Berufskrankheit. Tok-Tok-Check-Check.
Achid interessiert sowas weniger. Er ist „Host & Cook“, „Host & Cook!“ Jahrgang 1988, ein gut aussehender Mann, er bewegt sich mit einer natürlichen Eleganz.
Die Dachterrasse ist sein Revier, seine Bühne. Geht die Sonne über Jaipur unter, beginnt sein Auftritt und sein Konzert.
Er spannt über den gesamten Abend einen musikalischen Bogen, mal Michael Kiwanuka oder Gregory Porter, mal Hindisound. Mal auch zu laut, wie immer in Indien. Die Sonne verschwindet gegen 5 über Jaipur, begleitet von Man o To „Nu“.
Achid geht von Tisch zu Tisch und bringt einen Chai mit. Es ist ja noch später Nachmittag. Hier ein Gespräch, dort eine Geschichte über Jaipur. Ein lässiger flow. Mal sitzt er auch nur zuhörend am Tisch, er labert nicht. Mit einem Auge ist er bei seinem Team.
Sein Team beherrscht die einfachsten Abläufe nicht. Sind die Löffel da, fehlen die Servietten. Sind die Servietten da, fehlen die Gabeln oder die Wasserbecher. Tische werden abgewischt, aber nicht alle und schon gar nicht richtig. Geht der Toaster nicht, dann geht der Toaster nicht. Dafür wird er zur Unzeit akribisch geputzt. Das Bier wird umständlich serviert, ohne jegliche Sicherheit in den Handgriffen. Die ganze Truppe wirkt als mache sie die Dinge zum ersten Mal, null Routine oder Streben nach Effizienz. Ein Phänomen, das ich oft beobachte in Indien. Jeder Tag scheint ein Neuanfang, es wird schon.
Achid weiß darum und interveniert ständig. Ist er nicht im Haus, was selten vorkommt, ruht der Betrieb mehr oder weniger. Einen Chai zu bekommen, ist dann eigentlich unmöglich. Achid ist das Zentrum des Hauses, er treibt und verzögert.
Und verzögert. Der Beginn des Abendessens ist immer eine Überraschung. Erstaunlich, dass Achid ernsthaft behauptet, es gäbe ab 18 Uhr Abendessen oder ab 8 Uhr Frühstück.
Es ist unser letzter Tag im Chill Out. Bi und ich haben den ganzen Tag auf der Terrasse gesessen. Morgen früh ist unsere Abreise. Achid hat spät für das Abendessen eingekauft. Das wird also noch dauern.
Die Hausgäste sammeln sich langsam, einige sind mit in der Küche und schauen ihm über die Schulter. Freunde werden begrüßt und gehen wieder. Wir müssen noch bezahlen, unsere gereinigte Wäsche ist noch nicht zurück. Kein Bier mehr da. Erstes Gespräch über eine mögliche Endsumme. Ein Telefonat kommt dazwischen. „Wieviel Bier hattet ihr noch? Machen wir später mit der Bezahlung. Das mit der Wäsche wird schon. Frühstück Morgen um 8:00 Uhr!“
Um kurz vor 22 Uhr ist das Essen fertig. Und wie immer: ein Fest, vor allem dieses, für uns neue, dickfaserige Gemüse in der kleinen Schale. Achid checkt über Blicke unser feed back.
Unsere Rechnung wird dann eine beidseitige grobe Schätzung. Unsere Wäsche liegt plötzlich in der leeren Rezeption. Frühstück vor Abreise fällt am nächsten Morgen für uns aus, weil noch nicht fertig. Es ist ja ein neuer Tag.
Wir verlassen pünktlich um 8:30 Uhr das Chill Out.
Im Zug nach Pushkar erreicht uns noch eine Nachricht von Achid: „Best time management I ever have seen.“