Davon berichteten gestern The Indian Express, Times of India, The Hindustan Times, NDTV, also eigentlich alle:
Diljit Dosanijh besucht das „Indian Coffee House“ in Kolkata. Dosanijh ist Sänger, Schauspieler und Producer, hier ein Superstar. Innerhalb von Minuten war seine Tour durch Indien ausverkauft. Danach geht es weiter nach Europa. London, Paris, die großen Arenen.
Der Star der Gegenwart besucht das altehrwürdige „Indian Coffee House“ in Kolkata.
Das hat in Indien einen Symbolcharakter, auch einen politischen. The Indian Express erläutert in einer Kolumne „how the Indian Coffee House brewed the politics of revolution“. In den Indian Coffee Houses fanden immer wieder Andersdenkende Zuflucht im Schatten autoritärer Herrschaften.
Im 18. Jahrhundert öffneten im heutigen Chennai (Madras) und Kolkata (Kalkutta) die ersten Kaffeehäuser. Der Zutritt war Indern, Inderinnen sowieso, untersagt.
Ende des 19. Jahrhunderts entstand dann die Idee einer „INDIAN-Coffee-House“- Kette, die erste Filiale eröffnete 1936 im heutigen Mumbai (Bombay) und kurz vor der Unabhängigkeit gab es in Britisch-Indien 50 Filialen. Mitte der 1950er Jahre sollten die Kaffeehäuser dann geschlossen werden, weil die politischen Rahmenbedingungen den Betrieb erschwerten.
Die Angestellten übernahmen, ermutigt durch den kommunistischen Führer A. K. Gopalan, nahezu alle Filialen und gründeten daraufhin die Indian Coffee Workers‘ Co-operative, eine Genossenschaft.
So ist das bis heute. 13 Genossenschaften – geleitet von Verwaltungsausschüssen, die von den Arbeitnehmern gewählt werden – betreiben rund 400 Filialen indienweit. Mitarbeiterinnen haben wir bisher in keiner der Filiale gesehen.
Diese Zeilen schreibe ich in Pondicherry. Gleich neben unserer Wohnung liegt das hiesige „Indian Coffee House“; auch ICH genannt. Die Inder:innen lieben Abkürzungen.
Der Markenkern ist überall gleich: Günstige Preise, eine fast einheitliche Karte, gute Qualität, jedoch ein mittelmäßiger Kaffee, der aber nur in einem ICH so schmeckt wie er schmeckt. Und das macht ihn zum Kult. Keine Aircondition, sondern das angenehme Lüftchen und Brummen vieler Ventilatoren.
Nur in einem Indian-Coffee-House kommt man zum Reden zusammen. Das ist etwas übertrieben. Aber hier schätzt man das Gespräch, das Verweilen. Eine Seltenheit in Indien.
Alle sind da: Familien, Hiesige, Tourist:innen aus Indien und der ganzen Welt, Seltsame, Flaneure, Männer mit dem Handy und den vielen Kugelschreibern in der Hemdbrusttasche, Polizist:innen, Möchtegernpriester, Bettler. Viele Junge. Und gar nicht immer selbstverständlich in Indien: Frauen.
Und man ist stolz auf sein ICH, die Gäste und die vielen, vielen Besitzer, die dort arbeiten, von 6:30 am bis 22:00 pm.
Es hat etwas von einem dritten Ort, einer Volkskantine. Was für eine Perle!
Und by the way: das Masala Dosai ist im ICH auch sehr gut.