Mit der Metro in den Süden von Kalkutta. Aus dem überklimatisierten Zug hoch ins feucht-schwüle Getöse und Gedröhne. Eine sechsspurige Straße im dunklen Abendverkehr will erstmal überquert sein. Dazu an anderer Stelle mehr.
Wir suchen die ITC Sangeet Research Academy. Europäer fallen in Kalkutta sehr auf und suchende noch viel mehr. „Are you looking for the ITC?“. Mitten im städtischen Chaos wird uns Hilfe angeboten. Der Mann führt uns zu einer kolonialen Villa, ein Park, der obligatorische Wachmann, eine Oase.
Das ITC fördert seit den 70er Jahren die traditionelle hinduistische Musik.
Der obligatorische Chai zur Begrüßung. Rund 40 eher jüngere Menschen finden sich ein zu zwei Konzerten. Die Begrüßung findet auf Englisch statt, weil „zwei ausländische Gäste“ im Raum sind.
Zum ersten Konzert nur kurz:
Alle sitzen, das Licht wird runter gedimmt, die letzten Gespräche klingen aus. Das Konzert könnte beginnen. Aus einem Seiteneingang tritt eine ältere Frau im Sari ein. Ein Raunen geht durch den Saal. Ein Raunen, das man nicht hört, aber sieht. Guru, die Meisterin oder die Lehrende. Verneigungen, Niederknien, ihre Füße berühren. Mit strengem Blick verfolgt sie das Konzert aus einem bereitgestellten Sessel. Die junge Sängerin kann sich die kommende Stunde nicht von diesem Blick, dieser strengen Anwesenheit befreien.
Nach der Pause dann Srijanee Banerjee an der Sitar: langsamer Beginn, die Stille zwischen den Tönen, sich steigernd, die Tablas setzen erst spät ein, dann hindischer Jazz im Dialog von Sitar und Tabla.
Guru Guha hatte den Raum in der Pause verlassen. Srijanee hat das, so mein Eindruck, gar nicht registriert. Sie spielt sich in ihren flow.
Wie Andrew, der sich am Ende von „Whiplash“ von seinem Lehrer Fletcher frei getrommelt hat. Und wie es der „Zufall-gibt-es-nicht“ will, konnten wir den Film in unserer neuen Wohnung hier in Kolkata auf großem Bildschirm hören, wartend auf Zyklon Dana.
Ok. Die Bedeutung der Gurus hier in Indien muss ich noch verstehen lernen.
Auch fremd: Der Applaus setzte immer vor dem Ausklingen des Liedes ein und dann auch nur kurz und dünn. Auch am Ende des Konzerts. Klatsch, Klatsch. Licht an. Fertig. Wir sind da etwas aufgefallen mit unserer Begeisterung.