Es geschieht an den großen Straßen, in kleinen Seitengassen oder an Straßenecken. Nicht immer ist klar, ob es sich um den Aufbau oder den Abbau handelt, meist sind mehrere Männer beteiligt. Das Material ist einfach: Bambus und bunte Bänder.
Beides wird auf ebenso schlichte wie geniale Weise miteinander verbunden, so dass eine unglaubliche Vielzahl an Bühnen, Baldachinen oder Gebäuden entstehen kann.
Als wir am ersten Tag mit dem Taxi vom Flughafen nach Kolkata fuhren, haben wir uns gewundert, warum entlang der Straßen diese großen Gerüste aufgebaut waren, warum es große, knallbunt leuchtende Tempel gab, die keinerlei Anzeichen von Verfall zeigten, während nebendran alle Gebäude gerade mal mit morbidem Charme glänzen konnten.
„Durga Puja“ war dann des Rätsels Lösung. Das jedes Jahr Anfang Oktober stattfindende Fest zur Ehren der Göttin Durga ist in Kolkata sogar das wichtigste Fest des Jahres.
Wikipedia befragt: Durga wird als mütterliche Figur gesehen und oft als schöne Frau dargestellt, die auf einem Löwen oder Tiger reitet, mit vielen Armen, von denen jeder eine Waffe trägt, und die Dämonen besiegt. Das Fest symbolisiert den Triumph des Guten über das Böse, des Lichts über die Dunkelheit.
Oha, für diese Göttin scheint keine Mühe zu groß! Und vor allen Dingen, jeder kann sich beteiligen am Aufbau der Tempelschreine, Baldachine und Bühnen, der Verkleidung mit Stoffen und Pappe oder dem Schmücken der Durga-Figuren.
Es gibt in Kolkata sogar ein eigenes Viertel mit Handwerkern, die das ganze Jahr nichts anderes tun, als immer wieder neue Figuren für die nächste Durga Puja oder andere Feste aus Stroh und Lehm zu gestalten. Dazu muss man wissen, dass alle Durgas, egal, wie groß oder klein sie sind, am Ende des zehntägigen Festes ausgelassen und feierlich zum Fluss Hugli getragen und dort dem Wasser übergeben werden.
Für dieses Fest sind wir zu spät angekommen, aber den Abbau der Altäre und Tempel konnten wir noch mitverfolgen, sorgfältig werden die Bänder wieder aufgeknotet und die Bambushölzer gestapelt.
Irritierenderweise gibt es an anderen Stellen wiederum neue Gerüste und Gebäude, die aufgebaut werden. Und die sind jetzt für das nächste Großereignis: Diwali, das Lichterfest. (Wenn wir es erlebt haben, können wir mehr dazu sagen.)
An den Bildern kann man gut sehen, wie hoch die Gebäude mit den bis zu 7 m langen Bambusstangen aufgerichtet werden. Dann noch Pappe und Stoff…
Es scheint geradezu einen Wettstreit unter den verschieden Stadtvierteln zu geben… und wir sind beeindruckt, mit wie viel Einsatz die Leute hier innerhalb von gerade mal drei Wochen das Werden und Vergehen von zwei Festen gestalten!