Kurz vor Weihnachten erreicht mich aus Bayern eine Nachricht, mit Folgen.
Meine Kollege Michael und seine Frau schreiben: „Kurzer Nachtrag noch: Pondicherry – dort gibt es einen der besten Pfeffer der Welt“.
Mit dieser Nachricht beginnt eine kleine und wunderbare Odyssee.
Ist das dieser Pfeffer, der die obige der drei Saucen vor uns so köstlich prägt? Ist der rot? Wie sieht eigentlich eine Pfefferpflanze aus? Wo wächst der Pfeffer? Fragen über Fragen.
Auf Nachfrage schreibt mir Michael: „Bei uns unter Pondicherry-Pfeffer bekannt. Halte nach den roten Beeren Ausschau. Hier einer der teuersten Pfeffersorten, die es gibt“.
Wir machen uns am nächsten Tag auf den Weg, mit dem Moped in das Hinterland von Pondicherry. Auf der Suche nach dem „Pondi-Pfeffer“.
Wir fahren früh los. In der Nacht hat es geregnet und es ist bedeckt. Düfte in der frischen Luft, sobald wir aus der Stadt sind. Kaum Plastikmüll.
Die Menschen sind auf den Straßen. Eine berührende fröhliche Atmosphäre, überall winkt und ruft man uns zu.
Ein Fest am Dorftempel:
Junge Männer malen ein kommunistisches Graffiti an die nagelneue Autobahnbrücke und bitten Bi, mit „Madam“ angesprochen, mal wieder um ein Foto.
Eine junge Familie hat gerade ein Café am Rande ihres Dorfes eröffnet. Alles neu, alles frisch. Auch die laminierte Speisekarte. Welch Freude, dass wir einen Chai, einen Coffee und zwei Lemon Soda bestellen. Wir fotografieren und werden fotografiert.
Es fängt an zu regnen. Wir stellen uns mit mehreren Mopedfahrern und Mopedfamilien unter einen Baum. Ist das da auf dem Feld nebenan Pfeffer? Die Blätter passen, oder doch nicht? Ich pflücke die Früchte und frage die Mitwartenden unter unserem Baum. Keiner versteht meine Frage.
Wir fahren weiter. Der Regen nimmt zu und wir machen eine Pause in der nächsten Küche. Auch dort Herzlichkeit.
Wir ziehen weiter in das Hinterland. Wie aus dem Nichts über zehn Schreinereien an einer kleinen kaum befahrenen Landstraße.
„Pepper Farm“ hatte Google-Maps ausgespuckt, rund 50 Kilometer hinter Pondicherry. Gleich müssten wir da sein. Eine kleine Straße endet im Nichts. Nix Pfeffer.
Eine junge Frau sieht uns und kommt aus ihrem Haus. „Pepper? Yes, sure. I will show you the farm“.
Farm ja, Farmer nein. Kein Mensch. Wir ziehen weiter auf der Suche nach den Pfefferpflanzen und finden um die Ecke menschenleere Plantagen mit Bäumen, keine Früchte.
Wir sind irritiert. Sind das Pfefferpflanzen? Eigentlich soll Pfeffer an langen Stangen und Rankgerüsten wachsen.
Mitten in der Plantage dann ein Mann. Er nickt auf meine Frage, ob dies Pfeffer sei. Ich bin mir jedoch nicht sicher, ob er meine Frage verstanden hat. In Indien wird gern und oft und uneindeutig mit dem Kopf gewackelt, zumindest erscheint es mir uneindeutig. Eine Geste zwischen Zustimmung und Verneinung, nie so ganz klar.
Es bleibt unklar. Wir entschließen uns zur Rückreise. Wir gleiten über die Landstraßen und erstmals empfinde ich ein zärtliches Gefühl zu diesem Land und seinen Menschen. Es hat gedauert. Es wird mir fehlen.
Wir machen noch eine kleine Pause. Morgen werden wir unsere Suche auf dem Markt von „Pondi“ fortsetzen. Für heute reicht es.
Wie heißt es im Netz?
„Dieser Pfeffer stammt aus der Gegend um Pondicherry. Ein spezielles Verfahren ermöglicht es diese Spezialität in getrockneter Form zu produzieren. Die Schwierigkeit besteht darin ein Faulen der vollreif geerneteten Pfefferbeeren zu verhindern. Im Unterschied zum weißen Pfeffer, der ebenfalls vollreif geernetet wird, umfasst dieser Pfeffer sowohl Fruchtfleisch bzw. Kern als auch die Schale, die durch den hohen Piperingehalt für die Schärfe des Pfeffers verantwortlich ist“.
Am nächsten Morgen sitzen wir vor sieben im Indian Coffee Café. Dann geht es weiter zum großen „Goubert Market“ in Pondi.
Und ich frage mich durch, an jedem Gewürzstand immer die selbe Frage nach dem roten Pfeffer aus Pondicherry.
Hier die gesammelten Antworten, einfachheitshalber in freier deutscher Übersetzung und in einer Auswahl:
„Kenn ich nicht“. – „Wir haben nur schwarzen und weißen Pfeffer.“ – „Chillipulver?“ – „Um Pondicherry wird kein Pfeffer angebaut.“ – „Häh? – „Wir haben nur Pfeffer aus Kerala und der ist großartig.“ -„Fragen Sie mal da hinten im „Heritage-Shop“ – Fassungsloser Blick und ohne Worte – Und quer durch den Laden: „Sagt mal Leute, habt ihr schonmal was von rotem Pfeffer gehört?“ – „Nö!“
Dann habe ich das erste Mal den Eindruck, dass mein Gegenüber eine Ahnung hat: „Ja, der wird in Richtung Kerala angebaut, meist in Höhen. Der Pfeffer kommt hier in Pondi gar nicht an, sondern geht gleich nach Europa. Den könnte hier keiner bezahlen.“
Daran will ich jetzt glauben.
Er habe aber auch einen sehr guten Pfeffer für 800 Rupien das Kilo. Ich lasse ihn eintüten als Mitbringsel für Michael und Frau und als Dank für diese wunderbare Suche nach dem roten Pfeffer.