Alle Beiträge, Reisenotizen
Schreibe einen Kommentar

Chai

Masala Chai „bezeichnet in ganz Südasien ein Getränk aus Schwarztee, Milch, Zucker und einer Gewürzmischung.“ Soweit die Fakten.

Chai ist aber deutlich mehr.

In Kolkata geht derzeit so gegen sechs die Sonne auf. Die Stadt erwacht nur langsam und frühestens gegen neun ist sie auf der üblichen Betriebstemperatur.

Diese drei Stunden am Morgen sind magisch: die Menschen kommen aus ihren Häusern, aus ihren Verschlägen, aus ihren Verkaufsständen, in denen sie die Nacht verbracht haben. Es ist noch relativ kühl, etwas unter 30 Grad. An den Wasserstationen sammeln sich die Männer zu einer ausgiebigen Waschung. Man kennt sich, grüßt sich. Plausch hier, Plausch da. Es scheint, das tägliche Getöse des Verkehrs verdeckt eine fast dörfliche Kultur, mitten im Zentrum der Stadt. Wobei Kolkata eigentlich ein einziges Zentrum ist.

Einige Stände bereiten ihren Chai über Kohleöfen zu. Und so vermischt sich auf der Straße am frühen Morgen der leichte Kohlegeruch mit den Aromen von Zimt, Ingwer, Sternanis, Kardamon, schwarzer Pfeffer, Nelke und Macis.

Nun ist Chai natürlich nicht gleich Chai.

1. Wir trinken ihn nur aus den kleinen Tongefäßen. Wie schön ist das denn, wenn die Zunge kurz den unglasierten Ton berührt und der heisse Chai dazu kommt.

Die Tongefäße werden einmal genutzt, in eine Tonne geworfen und zu neuen Gefäßen verarbeitet. Damit fällt jeder zweite Stand aus, weil diese den Chai nur in Plastikbechern anbieten.

2. Wir wählen nur Stände mit einer Bank davor. Zum Ausruhen und für den kurzen Plausch: „Where-do-you-come-from?-und-so“ und zum Gucken wie andere gucken.

3. Die Ästhetik der Zubereitung, die fließenden Bewegungen des Einschenkens mit dem Blechkessel in die kleinen Gefäße, der Stolz auf den eigenen Chai.

Und wenn 1. bis 3. passen, dann stimmen auch der Geschmack, das Aroma, die leicht cremige Konsistenz.

Die unzähligen Chaistände sind soziale Stationen, die sich über die gesamte Stadt verteilen. Oftmals mehrere in einem Straßenabschnitt. Hier trifft man sich, kurz, auf zwei wohltuende Schlucke, für 6 – 15 Rupien, in Plastikbechern günstiger, am Morgen, bevor die Stadt dann wieder loslegt.

Der Chai am Nachmittag ist wiederum eine andere Geschichte. Dann wird auch die Auswahl an Biscuits wesentlich.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert