Die Beiden tanzen eher mit ihren Reinigungsmaschinen durch den Flughafen, flirten über ihre schwarzen Masken hinweg, immer dann, wenn sie sich mit ihren Geräten wieder begegnen. Die mögen sich so richtig. Ein junges Paar, schöne Bewegungen und viel Freude, laotisch.
Bi ist gerade abgehoben in Richtung Heimat und ich habe noch einige Stunden vor mir, hier im kleinen Flughafen von Vientiane. Neun Stunden genau, bevor mein Flug geht. Draußen 38 Grad, drinnen fast kühl.

Auf dem großen Bildschirm läuft Tennis, die Austin Open. Eine Jessica Parker freut sich gerade über ihren Sieg. Die Balljungen stehen Spalier. Pokalübergabe, Dankesrede. Freudentränen. Alles ohne Ton. Danach ein Radrennen durch die Wüsten von Oman. Das hat schon fast was Meditatives.
Neben mir zwei quicklebendige und redefreudige Frauen aus Deutschland, mein Alter. Mit mir kann man ja so schlecht einfach nur plaudern. Dabei würde ich gern, kann aber nicht. Ich beherrsche diese Kulturtechnik nicht.
Ein großes Schauspiel, ein großes Tohuwabohu, ein Kommen und Gehen bis tief in die Nacht.
Die verschiedenen Teams des Flughafens scheinen mir nach den Stunden vertraut, wer drückt sich wo vor Arbeit, wer ist der Chef und wer die eigentliche.
An ihren Pässen erkenne ich eine ukrainische Familie. Vater, Tochter, Oma. Die Tochter muss immer wieder heftig weinen und flüchtet sich in die Arme der Großmutter. Wenig später kommt über mein Handy die Nachricht, dass Trump die militärischen Lieferungen eingestellt hat.
Irgendwann kapern die Chines:innen die Check-In-Zone. Denn um 23:55 Uhr geht unser gemeinsamer Flieger nach Shanghai. Dutzende Großfamillienfotos, die ja auch kleine Famillienaufstellungen sind. Alle am Handy, Zwölfmillionen Selfies. Und jedes Selfie wird gemeinsam kritisch und ernsthaft geprüft und gefeiert.
Tatsächlich Liebe.

Wir heben ab, ein Flug durch die Nacht nach Shanghai.
Dort folgt am frühen Morgen eine orwelsche Odyssee. Wie Vieh werden wir durch die unzähligen Gänge des Flughafens getrieben, angebrüllt, gemaßregelt, angewiesen. Dreimal wird mein Gesicht gescannt, ständig mein Pass und die Bordkarte geprüft, erneut mein Handgepäck. Überall Stimmen aus Lautsprechern. Man lacht besser nicht, steht schweigend in Schlangen, sieht in die Kameras, auf dem Weg in ein anderes Terminal, zu Gate 210. Dort ist es kalt, nicht nur gefühlt, es regnet draußen. Es wird hell. Morgengrauen.
Eine chinesische Reiseführerin redet sehr laut und sehr ernst auf ihre Reisegruppe ein, eine halbe Ewigkeit. Der Bus bringt uns in die letzte Ecke des Rollfeldes, wieder sollen wir uns bei Wind und Regen hintereinander aufstellen. Bordkarte, Pass …..
Über den Wolken nehme ich meine Kopfhörer und schlafe umgehend ein.