Sehen und gesehen werden geschieht bei dieser Reise auf ganz unterschiedliche Weise.
Da sind zunächst und andauernd die Blicke der anderen in diesem fremden Land; eine solche Wucht von betrachtenden Augen, dass ich anfangs manchmal unsichtbar sein wollte, weil ich nicht wusste, wie ihnen begegnen.
Jetzt bin ich vertrauter und wechsle Blicke mit allen, die mir entgegenkommen. Kinder und alte Menschen schauen am unmittelbarsten, meist fließt ein Strahlen über das ganze Gesicht, ein Lächeln, das wir uns gegenseitig spiegeln.
Dann werde ich immer wieder von Indern und Inderinnen gefragt, ob sie ein Foto mit mir machen dürfen. Bis heute habe ich nicht verstanden, warum das so ist. Eigentlich werde ich nicht gerne fotografiert, mag aber keine Bitte abschlagen und stelle mich also zur Verfügung für diese Bilder. Keine Ahnung, ob sie dann in den sozialen Medien landen oder wozu sie den Inderinnen sonst dienen könnten. Manchmal macht Tho dann Fotos von den Fotos, die von uns gemacht werden.
Die dritte Ebene betrifft meinen Blick auf mich selbst, in der Welt der Fotografie entsprechen dem die Selfies.
Bisher hab ich immer im Brustton der Überzeugung gesagt: Selfies, mach ich nicht!
Und dann sind mir ein paar passiert, zufällig tauchte ich im Spiegel eines Fotos auf. Eigentlich wollte ich das Sammelsurium des „Social Service“ der Kathedrale festhalten, und musste dann feststellen, dass ich gewissermaßen Teil davon geworden bin.
Eine Neuentdeckung, dass Spiegel für mich eine spannende Gelegenheit sein können, einen flüchtigen, fragenden, spontanen oder inszenierten Blick auf mich selbst zu werfen.
Also direkte Selfies, das mache ich wirklich nicht, aber über Eck… das geht.
Mich interessiert die Gleichzeitigkeit von Innenraum und Außenraum – und das sowohl im direkten als auch im übertragenen Sinne. Wie können sie im Bild aufeinander verweisen? Genauso lässt sich fragen, wie verweist das Spiegelbild auf die Person?
Bei den Spiegel-Selfies ist es unkalkulierbarer, was dabei rauskommt, oft ist es überraschend. Ich bin mir fremd in den Bildern und zugleich wirklicher im Spiegelbild.
Und das funktioniert in den Spiegel-Doppel-Selfies ebenso.
Und wer weiß, welche Spiegelmomente noch entstehen?