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Tet Nguyen Dan – das Fest des ersten Morgens

Mit „Tet Nguyen Dan“ beginnt in Vietnam das neue Jahr. „Tet“ heißt Fest und es gibt eine ganze Reihe in Vietnam, da dieses aber der wichtigste Feiertag ist, wird er einfach nur Tet genannt. Es ist ein beweglicher Feiertag, der sich nach dem vietnamesischen Mondkalender richtet. Den gibt es schon seit dem zehnten Jahrhundert. Wir haben also hier in Hoi An die Chance, noch eine andere Form von Jahresbeginn kennen zu lernen.

Auf drei Phasen dürfen wir uns gefasst machen, die erste davon läuft bereits, die Vorbereitung, und das seit Wochen. Schon Anfang Januar haben wir uns in Hanoi gefragt, warum in manchen Geschäften merkwürdige, riesige Tüten mit goldenen und roten Pappschachteln und Zylindern verkauft werden. Warum überall kleine, bis mittelgroße Kumquatbäumchen und riesige Chrysanthemen am Straßenrand aufgebaut sind.

Die Wahrheit ist: Wir haben erst vor einigen Tagen realisiert, was Tet ist und dass es dieses Jahr auf den 29. Januar fällt.

Was nicht zu übersehen ist: die Häuser werden überall geputzt und geschmückt. Überhaupt wird alles gefegt, Autos und Motorräder werden gewaschen, Wände nochmal schnell gestrichen bis wirklich alles blitzsauber und geordnet aussieht (in Indien unvorstellbar). Alle Schulen sind mit Sprachbändern, Fahnen und Wimpeln geschmückt (in Deutschland hoffentlich unvorstellbar).

Auf dem Markt herrscht in den Tagen vor Tet besonders reges Treiben, alle kaufen Unmengen an Essen für die Feiertage ein, es wird überall vorbereitend gekocht und in den Straßen riecht es oft verdammt lecker!

Nach vietnamesischer Auffassung ist „Than Tai“, der Gott des Reichtums, eine Art Wohltäter, der Vermögen ins Geschäft bringt. Deshalb findet man einen kleinen Altar in jedem Geschäft oder Restaurant. Für Tet werden Tafeln mit Speisen, Getränken und Geld nochmal zusätzlich vor dem Eingang aufgebaut.

Die Vietnamesen sind ein sehr familienorientiertes Volk, d.h., jeder der irgend kann, fährt zu Tet zu seiner Familie.

Dazu kommt die große Bedeutung der Ahnenverehrung – bis vier Generationen in die Vergangenheit. In jedem Haus gibt es auch immer einen Altar, der regelmäßig mit frischen Gaben geschmückt wird. Den Ahnen soll es an nichts fehlen, also stehen Wasser, Kaffee, Bier und frische Früchte für sie bereit, regelmäßig werden Räucherstäbchen angezündet, weil der Rauch irdisches Leben und den Geist der Ahninnen miteinander zu verbinden weiß.

Gegen 17:00 Uhr schließen am Vorabend von Tet die Geschäfte, die Straßen leeren sich, dafür werden über die unzähligen Lautsprecher in der Stadt die parteipolitischen Botschaften der kommunistischen Regierung über dem Volk ausgegossen, unterbrochen von pathetischer Musik, alles in scheppernder Klangqualität und gefühlt unendlich lang anhaltend. (Kurz vorweggenommen: am nächsten Morgen folgt die nächste Beschallung. Ob wohl alle so genervt davon sind? Jedenfalls scheint niemand zuzuhören.)

Etwas später leuchten Fahnen und Lampions in der Dämmerung. Familien sitzen vor ihren Häusern und essen gemeinsam. Mit der Dunkelheit wird es musikalisch vielfältig. Karaoke-Singen gehört zu Ritualen in Familien oder unter Freunden. An den kleinen Tischen hat eine Person das Mikrofon in der Hand und singt, vielleicht nicht immer ganz genau in den Tonhöhen, aber auf jeden Fall mit gefühlvollem Einsatz. Das Mikrofon wird weitergereicht, jede:r darf mal.

Leider habe ich keine Tonaufnahme von der hinten im Bild sitzenden Gruppe und der gefühlvoll kitschigen Musik inklusive Gesang gemacht.

Wie bei uns sind auch hier schon vor Mitternacht die ersten Knaller und Leuchtraketen zu sehen, nur dass sie hier eigentlich verboten sind. Um 24:00 Uhr gibt es ein großes Feuerwerk auf dem Platz vor dem Krankenhaus und natürlich knallen trotzdem überall alle und begrüßen das neue Mondjahr und den beginnenden Frühling.

Den Neujahrstag verbringen die meisten in der Familie. Es gibt die Tradition, dass die Älteren den jüngeren Familienmitgliedern rote Umschläge mit Geld geben. Wir bekommen auch einen von der Hotelbesitzerin, es soll Wohlstand und Glück bringen.

Die Tempel werden in Festtagskleidung besucht, Familienfoto nicht vergessen, dann noch zu den Ahnen auf den Friedhof und mit Räucherstäbchen die Verbindung bestärken, bevor die nächste Mahlzeit beginnt.

In Vietnam ist jedes Jahr einem Tierkreiszeichen zugeordnet, wobei hier andere Tiere den Kreis bevölkern als bei uns. 2025 ist ein Jahr der Schlange, die für für Weisheit und Selbstreflexion steht. Dazu kommt dann noch die Kombination mit einem der 5 Elemente. In Vietnam ist neben Erde, Wasser, Feuer und Luft Holz ein weiteres Element und die Kombination Schlange mit Holz verspricht ein Jahr der Weiterentwicklung und der friedlichen Konfliktlösungen mit uns und anderen, heißt es.

Eine gute Aussicht!

2 Kommentare

  1. Anke Peter sagt

    Das ist wirklich eine gute Aussicht.
    Ich hoffe mit den Vietnamesen, dass friedliche Konfliktlösungen in aller Welt gelingen.

  2. Uwe Siemers sagt

    Erstaunlich! Nach eurem Besuch in „Bai Dinh“ hatte ich ja gelesen, dass 70 % der Bevölkerung in Vietnam Atheisten sind… Stimmt wahrscheinlich, weil sie keiner organisierten Religion angehören, aber der Ahnenkult und der Glaube an z.B. „Than Tai“ lässt eine tief verwurzelte Spiritualität vermuten. Erklärt vielleicht auch weshalb die kommunistische Regierung versucht mit scheppernd blechernen Megafonen dagegen zu halten…
    Frohes Neues – Uwe

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