Autor: Sabine

Diwali

Seit Tagen wird das Lichterfest vorbereitet. Überall! Die Bambusgerüste für die „Pandals“ bekommen Verkleidungen aus Stoff oder dünnen Brettern. Verzierungen, Blumen und vor allen Dingen die Beleuchtung kommen dazu. Und tatsächlich hat jede Straße, jedes Viertel seine eigenen Pandals gebaut: Zu Diwali kommen die Familien zusammen und schmücken ihre Häuser mit vielen Lichtern, die vor die Tür oder ins Fenster gestellt werden. Dabei gibt es heute alle Varianten: von der traditionellen Tonschale als Öllämpchen bis hin zur schnell getakteten grellbunten Lichterkette ist alles zu finden. Gefeiert wird der Sieg des Guten über das Böse in der Welt – auch der Sieg des Lichts über die Dunkelheit… Ein Fest in ganz Indien, aber je nach Region werden dabei unterschiedliche Göttinnen und Götter aus dem reichen hinduistischen Himmel geehrt. In Kolkata ist es die schwarze Kali. Sie gilt als die Göttin des Todes, der Zerstörung und der Erneuerung. Der Mythos erzählt, dass sie als Verkörperung des Zorns aus der Stirn der Göttin Durga entsprungen sei und dann das Weltall mit ihrem schrecklichen Brüllen erfüllt hat. In jedem …

green salad…

Über das Zweitwichtigste haben wir bis jetzt noch nicht geschrieben, aber jetzt! Natürlich gab es „Spannungen“ zwischen uns, wer darüber schreiben darf… die Lösung war dann nach ein paar mißtönigen Bemerkungen einfach: wir schreiben beide. Wichtige Frage: Wo gibt es gutes Essen? Wo sind die Restaurants? Anfangs waren sie gar nicht so leicht zu entdecken, unscheinbare Türen oder Treppen in den ersten Stock… dafür aber ganz unmittelbar sichtbar: die unzähligen Garküchen am Straßenrand. Und dann bestellen: Die wunderschöne Alphasyllabar-Schrift können wir nicht lesen und in den Garküchen gibt es meist überhaupt keine Karte. Das indische Englisch klingt für uns oft wie eine unverständliche Fremdsprache und anfangs wussten wir auch die Namen der Gerichte nicht. Also bleibt die Verständigung durch einen Fingerzeig auf den Teller des Gastes am Nebentisch – verbunden mit einem Nicken: das möchte ich auch – eine gute Variante. Auf diese Weise kamen wir zu unserem ersten indischen Frühstück: Parathas = gebackene Brotfladen mit ein bisschen Kartoffelcurry. Herrlich! In jedem noch so kleinen Restaurant gibt es in einer Ecke ein Waschbecken, bevor man …

Fremd sein 1: grundsätzlich

Ist ja klar, wie soll es anders sein, wenn wir in einem fernen Land ankommen… alles neu, so viele Eindrücke, Fragen und Anforderungen. Jep, fühlt sich nicht immer gut an, das Fremdsein. Nicht zu wissen, wie so etwas selbstverständliches wie Busfahren geht. Oder wo Toiletten zu finden sind. Aber auch: immer auffallen in den Straßen als Fremde, nicht sicher fühlen, wie Blickkontakt sein kann oder Begegnung. Oder basal: was es hier zum Frühstücken gibt und so weiter… Wie die eigene Resonanz dazu ist? Ich bin überrascht, wie sehr ich hier unentwegt nach Orientierung suche, um nur nicht ausgeliefert zu sein oder verloren zu gehen in dieser fülligen Fremde. Und deswegen keine Gelegenheit auslasse, mir vertraute Momente zu schaffen. Wie das geht? Indem Tho und ich ein zweites Mal durch die gleiche Straße gehen, indem wir denselben Obsthändler aufsuchen, der uns beim letzten Mal schon so prachtvolle Zimtsäpfel verkauft hat und sich an uns erinnert. Genauso wie der Wirt des Straßenimbiss, bei dem wir abends essen. Was auch hilft: mich auf Google Maps immer wieder versichern, …

werden & vergehen 1

Es geschieht an den großen Straßen, in kleinen Seitengassen oder an Straßenecken. Nicht immer ist klar, ob es sich um den Aufbau oder den Abbau handelt, meist sind mehrere Männer beteiligt. Das Material ist einfach: Bambus und bunte Bänder. Beides wird auf ebenso schlichte wie geniale Weise miteinander verbunden, so dass eine unglaubliche Vielzahl an Bühnen, Baldachinen oder Gebäuden entstehen kann. Als wir am ersten Tag mit dem Taxi vom Flughafen nach Kolkata fuhren, haben wir uns gewundert, warum entlang der Straßen diese großen Gerüste aufgebaut waren, warum es große, knallbunt leuchtende Tempel gab, die keinerlei Anzeichen von Verfall zeigten, während nebendran alle Gebäude gerade mal mit morbidem Charme glänzen konnten. „Durga Puja“ war dann des Rätsels Lösung. Das jedes Jahr Anfang Oktober stattfindende Fest zur Ehren der Göttin Durga ist in Kolkata sogar das wichtigste Fest des Jahres. Wikipedia befragt: Durga wird als mütterliche Figur gesehen und oft als schöne Frau dargestellt, die auf einem Löwen oder Tiger reitet, mit vielen Armen, von denen jeder eine Waffe trägt, und die Dämonen besiegt. Das Fest symbolisiert …

Wenn es leise wird…

in dieser Stadt, dann kann es daran liegen, dass man unverhofft in „Old Calcutta“ gelandet ist. Es ist nach den lauten Hauptstraßen unfassbar wohltuend durch diese schmalen Gassen zu laufen, durch die nur Menschen gehen und gelegentlich Fahrräder oder Lastenräder rollen. Dass es das hier gibt… und dazu wirkt es für Kolkata- Verhältnisse irgendwie geordnet, ja sogar schön! Die Gebäude wurden meist Anfang des 20. Jahrhunderts im Kolonialstil gebaut. Teilweise tragen sie die Spuren ihres Alters deutlich, aber mit Charme, an manchen Stellen sieht man sie neu gestrichen oder sogar saniert. Die Bewohner scheinen ihr Viertel auch zu mögen. Während wir morgens durch die Gassen laufen, liegt der vom Vortag angefallene Müll schon zu Haufen zusammen gekehrt am Rand und wartet darauf, von den Lastenräder-Müllmännern mitgenommen zu werden. Natürlich gibt es auch in diesem Viertel an jeder Ecke einen Teestand. Der Chai wird auf einem kleinen Kohleofen gekocht, der würzige Duft nach Zimt und Nelken lädt schon von weitem zu einer Pause ein. Auf einer Bank sitzend, trinken wir den Chai mit Milch aus kleinen …

Musik & malen

Zum ersten Mal besitze ich Kopfhörer mit Rauschunterdrückung. Das ist der absolute Hauptgewinn, um immer wieder abtauchen zu können aus dem Lärm. Dann Musik, Stifte, Farben, ein Blatt und zur Abwechslung eine entspannende Form der Gleichzeitigkeit, wenn die Hände nichts anderes tun, als sich zu den Klängen und Rhythmen zu bewegen. Überhaupt, etwas entstehen lassen können, nicht zu wissen, wohin die Reise geht. In der Improvisation die Mischung zwischen Zufall und Absicht ausloten. Zwischen Bedeutung und Bedeutungsfreiheit das Spielfeld erkunden und sich überraschen lassen…. https://open.spotify.com/track/3EMmOgFgqAQtAR3QyV3imx?si=Uq-qnN8lRpeYHgaxWXdAtA https://open.spotify.com/track/5bYP0AOeCO9W40uVfTARGh?si=2dIJvBMOSd-pewM4p_eGNg https://open.spotify.com/track/3jhtHLG2oTrcG4mQMc46KQ?si=Zos9LD8vR-KlRBl6UMfkjw

„Dana“ kommt

Es regnet seid gestern immer wieder mal. Angesagt war nur Nieselregen, aber jetzt schüttet es und der Himmel ist so grau und dicht, dass ein Ende nicht absehbar scheint. Der „landfall“ des Zyklon „Dana“ ist für heute Abend oder Nacht angesagt, an der Küste bei Odisha, das ist 300 km von Kolkata entfernt. Jedenfalls wurden die Schulen vorsorglich von heute bis Sonntag geschlossen, Notunterkünfte an der Küste sind eingerichtet worden und die ersten Evakuierungen haben begonnen. Ab 18:00 Uhr wurden alle Flüge und sämtliche Zugverbindungen gestrichen. Inwieweit Kolkata betroffen sein wird, kann man jetzt noch nicht sagen, aber auch hier werden die Generatoren an strategisch wichtigen Stellen aufgestellt, um die Stromversorgung im Katastrophenfall zu gewährleisten. Am schwersten wird es für die vielen in Kalkutta auf der Straße lebenden Menschen. Sie versuchen die Planen für ihre am Straßenrand notdürftig aufgebauten Unterstände fester zu spannen und mit Steinen am Boden zu fixieren. In der Nacht war es noch recht ruhig, heute fallen die Wassermassen, die den Zyklon „Dana“ begleiten vom Himmel – voraussichtlich für zwei Tage. Blick …

Sari, Kurti und Konsorten

Bewegungen, Körpersprache und Kleidung der Frauen und Männer kann ich noch nicht lesen… Nur dass die Frauen hier schön sind, ist nicht zu übersehen, und dass sie sich wundervoll kleiden, herrliche Farben und Muster, die miteinander harmonieren. In einen Sari gekleidet, strahlt der Gang der Frauen eine Würde aus. Die 4 – 6 m Stoff umhüllen den Körper oft kunstvoll gewickelt und lassen die Bewegungen fließend wirken. Welche Zugehörigkeit – sozial oder kulturell – darin verborgen ist, wüsste ich zu gerne! Diese Stoffe, Muster, Schnitte und die Verarbeitung erzählen Geschichten… National Geographic sagt dazu: der Sari sei seit gut 5000 Jahren das älteste in Asien verbreitete Kleidungsstück. Vor allem eines, das von keiner Nadel berührt wurde, das heißt, es besitzt keine Nähte. Es gibt über 30 regionale Sari-Varianten aus Seide, Baumwolle und Leinen und unzählige Möglichkeiten, ihn anzulegen. Und dann gibt es noch die viel häufiger im Straßenbild sichtbare Kurti, eine Tunika, mit Hose und übergeworfenem Schal, das scheint eine etwas modernere Variante der Bekleidung für Frauen zu sein. Und gelegentlich gerne mit Schirm dabei, …

Losgehen in Kolkata

…in der Frühe laufen wir los. Von Norden, nach Süden durch den alten Teil der Stadt. Es ist alles da und von allem viel: besonders laut durch ihr Hupkonzert sind die Fahrräder, Tuktuks, Motorräder und Busse, umgeben von Häusern aus der Kolonialzeit mit morbidem Charme, dazwischen Neubauten und Bretterverschläge, kleine Läden und Handwerksbetriebe. Männer und Frauen in Bewegung, aber gemächlich – ein anderes Tempo wäre in dieser Hitze nicht angemessen. Die Stadt und ihre Menschen lesen lernen… langsam… wir sind ja erst am Anfang… …und im Gehen immer wieder überrascht, dass ganze Straßenzüge unterschiedlichen Fachgeschäften gewidmet sind: da gibt es eine Straße, in der Töpfe, Pfannen, Küchenartikel oder Plastikschüsseln und Eimer in jedem kleinen Laden verkauft werden, in der nächsten Gasse sind es frisch gezimmerte Holzleitern, dann folgen alle Arten von geflochtenen Körben, darauf Säcke, Taschen und Netze. Es gibt sogar eine Reihe von Tresoraufarbeitungshandwerksbetrieben! (das Wort dafür wohl nur in der deutschen Sprache). Eine Ecke weiter reihen sich Eisenhandlungen aneinander, Rund- und Vierkant-Stahlstangen liegen in eigens dafür angefertigten Regalen. Dazwischen und an den Straßenecken …